Eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung erfordert mehr denn je die Zusammenarbeit von pharmazeutischer Forschung, Medizintechnik und Spezialmaschinenbau. Wie diese Partnerschaft von Anfang an zum Erfolg führt, zeigt das Projekt rund um die Studie ACESO. Damit rückt sogar die gezielte Behandlung von Speiseröhrenkrebs in greifbare Nähe.
Rund 370 Millionen Menschen weltweit leiden unter Erkrankungen des oberen Verdauungstrakts: von Eosinophiler Ösophagitis über die Refluxkrankheit und das Barrett-Syndrom bis hin zum gefährlichen Speiseröhrenkrebs. In der Medizin stellen solche Leiden eine Herausforderung dar, da eine lokale Behandlung bislang nicht möglich war. „Das grundlegende Problem sind die kurzen Transitzeiten von nur wenigen Sekunden zwischen Mund und Magen, die eine örtliche Behandlung erschweren“, erklärt Dr. Peter Stangier, Direktor Strategische Planung beim Schweizer Biotechunternehmen EsoCap. „Eine systemische Therapie ist wiederum mit toxischen Belastungen und möglichen Einschränkungen in der Lebensqualität verbunden. Unsere Vision ist hingegen, das Leben der Patienten mit schweren Speiseröhrenerkrankungen durch gezielte lokale und lang anhaltende Behandlungen zu verbessern. Dafür haben wir eine einzigartige Darreichungsform entwickelt.“
ACESO – die Göttin der Heilung
Das Verabreichungssystem ist raffiniert: Es besteht aus einem Kapselhalter und einer Hartgelatinekapsel, die einen dünnen Film mit einem aktiven pharmazeutischen Wirkstoff enthält. Beim Trinken der Kapsel aus einem speziellen Trinkbecher entrollt sich der Film und haftet an der Schleimhaut der Speiseröhre, wo er sich langsam auflöst und den Wirkstoff kontinuierlich freisetzt. Die Technologie bietet maximale Flexibilität, da mehrere relevante Wirkstoffe in den dünnen Film integriert werden können, einschließlich Biologika und anderer innovativer Verbindungen.
Das System, das zusammen mit der Universität Greifswald entwickelt wurde, hat sich bereits in den ersten beiden Phasen der klinischen Entwicklung bewährt. Zunächst wurden Versuche an gesunden Probanden durchgeführt und mithilfe der Magnetresonanztomografie analysiert. Die Aufnahmen bestätigten, dass der Film gut abrollte und für mindestens 15 Minuten an der Speiseröhre haftete. Auch das Schlucken der Kapseln an aufeinanderfolgenden Tagen wurde von den Teilnehmenden ohne Beeinträchtigungen durchgeführt. Anschließend folgte als Machbarkeitsnachweis (Proof-of-Concept) eine Phase-II-Studie an Patienten, die an Eosinophiler Ösophagitis erkrankt waren. Die placebokontrollierte Studie wurde nach Akeso benannt, der griechischen Göttin des Heilungsprozesses. Dabei kam der aktive Wirkstoff Mometasonfuroat zum Einsatz, der 43 Patienten in fünf Ländern mit der EsoCap Technologie verabreicht wurde. Es bestätigte sich eine statistisch signifikante Überlegenheit des Medikaments gegenüber den Placebos. „Die ACESO-Studie belegt, dass unsere Medikamente direkt und effektiv Medikamente an die Schleimhaut der Speiseröhre liefert, was bei der Behandlung einen deutlichen Unterschied macht“, betont Stangier.
Placebos von Gewicht
Damit sich die Kapsel gut schlucken lässt, fehlt noch ein entscheidendes Element: eine Placebotablette, die im Kapselinneren für das erforderliche Gewicht und folglich für das optimale Schlucken der Kapsel sorgt. Hierfür suchte EsoCap nach einem zuverlässigen Partner. Stangier erinnert sich: „Als ein führendes Unternehmen im Bereich der Tablettierung war uns Fette Compacting bekannt. Daher nahmen wir Kontakt auf, um zusammen ein Placebo mit hoher Dichte zu entwerfen. Es sollte aus schweren Materialien bestehen und den begrenzten Raum innerhalb der Kapsel bestmöglich nutzen. Das Vorhaben ist uns mit den Experten von Fette Compacting gelungen, sodass das Abgabesystem von den Patienten leichter geschluckt werden kann und nach der Wirkstofffreigabe problemlos in die Magenflüssigkeit sinkt.“
„Wir nahmen den Auftrag mit großer Leidenschaft an, da wir ein hohes Potenzial sahen, die Lebensqualität von Patienten zu verbessern“, berichtet Dr. Anna Novikova, Head of Process Consultancy bei Fette Compacting. „Die Herausforderung war, das von EsoCap entwickelte Placebo so zu optimieren, dass es den Umrissen der Kapsel folgt. Um alle Freiräume auszufüllen, musste es auch gewisse Rundungen aufweisen. Gleichzeitig sollte das Material unter maximalem Druck verpresst werden, um die größtmögliche Dichte zu erreichen. Daraus ergaben sich besondere Anforderungen an den Prozess und das Stempeldesign sowie die daraus resultierende Belastungsgrenze der Tablettierwerkzeuge.“
Schritt für Schritt zum besten Design
Zum optimalen Design fand das Team in einem mehrstufigen und kreativen Prozess, in dem Anwendungsexperten von Fette Compacting mit Kollegen aus der Business Unit Tableting Tools zusammenarbeiteten. „Los ging es mit einem Zylinder, dann wurden die Formen etwas exotischer und am Ende hat sich die gewölbte Oblongtablette bewährt“, fasst Novikova zusammen. „Letztlich hat EsoCap mit unserer Unterstützung nicht einfach eine Tablette designt, sondern die Schluckbarkeit der Kapsel so verbessert, dass eine einfache und zuverlässige Anwendung gewährleistet ist. Mit Blick auf die spätere Produktion suchten wir auch nach einem Design, das sich einfach und effizient ohne Sonderlösungen an der Maschine realisieren lässt. Dadurch sinken die Herstellungskosten, was einen erheblichen Einfluss auf den Arzneimittelpreis und den Zugang für Patienten haben kann.“
Dank der überzeugenden Ergebnisse der ACESO-Studie stehen die nächsten Schritte bereits fest: mehrere Gespräche mit den Regulierungsbehörden in den USA und Europa, um eine Phase-2b/3-Studie zur schnellstmöglichen Zulassung einzuleiten. Auf diesem Weg setzt Stangier weiterhin auf die Partnerschaft mit Fette Compacting und zeigt sich rundum zufrieden: „Wir werden gemeinsam an einer weiteren Erhöhung des Tablettengewichts arbeiten. Für ein Start-up ist es nicht immer leicht, bekannte Unternehmen für die Unterstützung in der Forschung und Entwicklung zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund war die Zusammenarbeit mit Fette Compacting eine äußerst positive Erfahrung für uns. Von Anfang an war der Austausch sehr offen, immer mit zielorientierten Lösungen und klar aufgezeigten Grenzen. So war es uns möglich, eine zuversichtliche Entscheidung für das Systemdesign zu treffen.“